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Die Entstehung der Burgbar No. XII

Im Januar 2020 flatterte eine städtische Ausschreibung bei uns ins Haus, darin wurde ein Pächter mit gastronomischem Konzepte für die Wilhelmsburg gesucht. Im Team besprochen, konnten wir uns schnell dafür begeistern und erstellten ein umfangreiches Gastronomie- & Eventkonzept für den Sommer auf der Wilhelmsburg in Ulm. Dass es später doch ganz anders kommen sollte, konnte zu diesem Zeitpunkt noch keiner ahnen– denn der Corona-Virus war bisher nur in China und so wirklich bewusst war die davon ausgehende Gefahr in Deutschland noch niemandem. Das Konzept war abgeschickt und lag nun bei den städtischen Institutionen zur Prüfung und wir warteten.

Und dann war es Mitte März und der Corona-Virus wurde auch in Deutschland zum Thema. Die Vergabe der Ausschreibung war ebenfalls auf Mitte-Ende März terminiert und plötzlich standen mehr Fragezeichen als Fakten im Raum. Nahezu alle für den Sommer 2020 geplanten Events wurden binnen einer Woche abgesagt. Und dann wurde uns mitgeteilt, dass wir die Ausschreibung gewonnen haben. Bei einer kurzerhand zusammen gerufenen Video-Konferenz wurde dann entschieden, die seit zwei Jahren stattfindende Veranstaltungsreihe „Stürmt die Burg“ soll der Corona-Pandemie nicht zum Opfer fallen. Die Stadt teilte uns daraufhin mit, dass sie uns als den richtigen Partner für die Gastronomie auf der Wilhelmsburg erachten – vor allem auch in diesen schwierigen Zeiten.


Es war also Anfang April und die Planungen begannen, ein Name für die „Bar“ war zu diesem Zeitpunkt noch nicht gefunden, ebenso wenig die genaue Ausgestaltung des nun alternativen Corona-Konzeptes. Das in der Ausschreibung erarbeitete Konzept war schließlich unter Einhaltung strenger Infektionsschutzauflagen nicht realisierbar. Also erarbeiteten wir zusammen mit der städtischen Kulturabteilung eine Corona-konforme Version von Stürmt die Burg. Unter Einbeziehung weiterer Partner war schnell klar, das wird eine materielle Herausforderung.

Die Notwendigkeit einer festen Sitzplatzzuweisung erforderte eine deutlich höhere Anzahl an Sitzmöglichkeiten, die vorhandene Bar war für die Kapazität von bis zu 500 Besuchern nicht geeignet, und der ursprüngliche Name der Bar konnte ebenfalls nicht übernommen werden. Aber wer wären wir, wenn wir hierfür nicht schnelle Lösungen gefunden hätten. Passend zum eigentlichen Kultur „Pop-Up-Space“ entstand die Idee einer Pop-Up-Bar, einer Bar aus alten Übersee-Containern. Also kalkulierten wir die Kosten hierfür und dann stand er fest, der Plan. Knapp zwei Monate waren noch Zeit um für das Pre-Opening Mitte Juli bereits spielbereit zu sein. Schnell wurden zwei Container bei einer Rederei in Hamburg bestellt, zwei Wochen später standen sie auf der Burg – der Grundstein war also gelegt. Doch was es bedeutet zwei Übersee-Container zu einer funktionierenden Bar umzubauen, das lernte unser Team in den darauf folgenden Wochen erst noch kennen. Der grobe Materialaufwand war kalkuliert, doch Erfahrung damit hatte noch keiner, also war mehr als unklar ob das Material am Ende auch reicht – doch die Container standen da und warteten auf Ihrem Umbau.

In der ersten Juni-Wochen starteten wir also mit dem Umbau. Wir entschieden uns im Trockenbauverfahren die Wände zu verkleiden und zu dämmen, die Leitungen sollten in die Wand und alles möglichst unter Putz verbaut und verlegt werden. Die Decke sollte abgehangen, Deckenspots eingelassen und der Boden mit einem Vinyl-Boden versehen werden. Mehr als 50 Steckdosen, mehrere hundert Meter Strom- und Signalkabel, knapp 100 Trockenbauplatten und 300m Kantholz sollten verarbeitet werden – in zwei Containern. Auch hier stand uns also eine regelrechte Materialschlacht bevor. Doch auf Grund der Corona-Pandemie standen uns auch zahlreiche helfende Hände zur Verfügung.


Die erste Herausforderung mit der wohl niemand gerechnet hatte waren die Maße. Ein Container ist zwar Quadratisch-Praktisch-Gut – doch im Inneren sind die Maße alles andere als perfekt und vor allem nicht parallel und so musste jeder Pfosten für die spätere Decken- und Wandkonstruktion einzeln ausgemessen werden, alles war deutlich aufwendiger – mit einem normalen Trockenbau wohl kaum zu vergleichen. Die Positionen von Stromverteiler, Wasser- und Stromeinspeisung sowie der späteren Verbindung beider Container wurden bestimmt. Ebenso wurde die genaue Position der späteren Verkaufsöffnung festgelegt – genau diese stellte uns bis zur Fertigstellung noch vor so manche Herausforderung. Als alle Träger gesetzt und verschraubt waren begannen unsere Techniker mit der Verkabelung, jede Position von Steckdosen und Schaltern wurde abermals abgestimmt damit später auch wirklich alles dort sitzt wo es benötigt wird. Gleichzeitig wurden die ersten Thekenelemente, eine Tiefkühltruhe, Kühlschränke, eine Industrie-Spülmaschine und Regale für die Inneneinrichtung bestellt.


Im Anschluss an die Verkabelung des ersten Containers, welcher später der Ausschank-Container sein sollte, folgte die Dämmung der Wände sowie der Decke. Alles wurde mit Feuchtraumplatten verkleidet. Die Wände mit späteren Hängeregalen sogar doppelt beplankt. Denn schließlich will niemand, dass plötzlich ein dutzend Gläser abstürzen weil die Wand dem nicht standhält. Die Öffnung zum zweiten Container bestand noch nicht und war der nächste zwangsläufige Schritt. Also wurden die beiden Container in ihre finale Position gehoben und die Öffnung vorgenommen. Alles bisher geschehene erfolgte also auch im zweiten Container, der Container welcher später das Lager darstellte. Nach knapp drei Wochen war der „Rohbau“ fertig. Die Kabel hingen hinter der geschlossenen und gedämmten Wand und über der Decke. Der Boden war jedoch noch blank und so wirklich nach Bar sah es auch noch nicht aus.

Draußen wurde damit begonnen die beiden noch hellgrauen und verrosteten Container vollflächig abzuschleifen und mit mehreren Schichten Schutzlack zu versehen. Aus Gründen des Denkmalschutzes haben wir uns für ein recht neutrales Anthrazit-Grau entschieden. Das Dach der Container wurde mit Dachpappe abgedichtet und ein Regenwasser-Schutz zur Vorderseite der Container mit Acrylharz befestigt. Gleichzeitig ging es im Projektteam zusammen mit der Stadt um die Namensfindung, denn die war bis dato noch nicht abgeschlossen und nach mehreren Vorschlägen die am Ende doch nicht so das wahre waren, stand die Idee der Burgbar im Raum. Doch das reine „Burgbar“ erschien allen Beteiligen als zu stumpf, und so wurde das Wort um „No. XII“ ergänzt – ausgesprochen quasi Number Twelve oder Nummer Zwölf. Der Hintergrund ist ganz einfach. Historisch betrachtet handelt es sich bei der Wilhelmsburg um das Festungsbauwerk der Nummer Zwölf und wird in den offiziellen Unterlagen auch als Bau XII geführt. Denn die Wilhelmsburg stellt nur einen Teil der weitaus größeren und gesamten Bundesfestungsanlage Ulm/Neu-Ulm dar.

Wir erstellten daraufhin einen Entwurf des zukünftigen Logos der von der Sanierungstreuhand um eine Skizze ergänzt und an ein Grafikbüro zur Finalisierung übergeben wurde. In zwei Korrekturschleifen entstand dann das finale Logo und die Burgbar No. XII hatte endlich einen finalen optischen Auftritt. Schilder, T-Shirts und vieles mehr konnten daraufhin in den Druck und auch die bisher leere Website nahm Gestalt an.

Innerhalb des Containers war es nun an der Reihe die Bodendämmung vorzunehmen, hierzu wurden Bodendämmplatten verwendet, welche mit Sperrholzplatten abgedeckt wurden. Vorher wurden im Bar-Container noch die Wasserleitungen montiert und diese bei den Bodendämmplatten entsprechend ausgespart. Der Untergrund war nun also auch vorbereitet und so wurden im nächsten Arbeitsschritt alle Wände und die Decke beider Container gestrichen. Die Öffnungen für die späteren Steckdosen und Schalter konnten ebenfalls vorgenommen und auch direkt montiert werden. Der Innenausbau war also inzwischen weit voran-geschritten, als einer der finalen Schritte folgten nun die Verklebung des PVC-Bodens in beiden Containern sowie die Montage der Decken-Spots.


Es war nun Anfang Juli und das Pre-Opening am 18. Juli stand quasi vor der Tür – für die letzten Arbeiten waren nun noch knapp 10 Tage Zeit und außerhalb der Container geschah bisher recht wenig. Doch das änderte sich rapide, denn nun wurde damit begonnen den Aufbau des gesamten Geländes vorzunehmen. Innerhalb von fünf Tagen verwandelte sich der Innenhof der Wilhelmsburg von einer Schotterfläche zu einem Wohlfühlort. Palettenmöbel, Lichterketten, Wegweißer, Kräuter-Fässer, Besucherführungen und vieles mehr wurden innerhalb dieser kurzen Zeit aufgebaut. Die Brauerei lieferte die ersten Getränke und Materialien an und auch unsere Partner begannen damit die Bühnentechnik und Zelte zu installieren. Nun war Fortschritt zu sehen und die beiden Container fanden sich in einer passenden Umgebung wieder. Das Konzept ging zumindest aus optischer Sicht schon mal auf.

Im gleichen Atemzug erfolgte der Einbau unserer großen Ausschanktheke sowie der Regale in den beiden Containern und das Innenleben nahm Form an. Die Kühlschränke wurden angeschlossen und mit den ersten Getränke befüllt. Die Kaffeemaschine sowie die Spülmaschine durchliefen ihre ersten Testdurchgänge und wurden entsprechend eingestellt. Über 2000 Besteck- & Geschirrteile wurden entpackt, gespült und in die Regale eingeräumt. Und dann stand auch schon der Tag des Pre-Opening vor der Tür. Um den Druck auf unser Team noch ein wenig zu verstärken wurden zum Pre-Opening lediglich Personen der Ulmer Gastronomie-, Kultur- und Eventszene geladen – also die, die wissen wie es richtig geht. Im Nachgang kann man wohl sagen, unser Team hat diese Herausforderung mit Bravur gemeistert.


Die folgenden 6 Wochen mit knapp 80 Künstlern und über 8.000 Besuchern sprechen ebenfalls eine klare Sprache und zeigen den Erfolg der Burgbar No. XII und dem neuen Projektteam rund um „Stürmt die Burg“. In diesem Sinne wollen wir uns auch nochmal bei allen, an diesem großen und besonderen Projekt, Beteiligten bedanken.


Vielen Dank an die Brauerei Gold Ochsen als Hauptsponsor und Getränkelieferant von „Stürmt die Burg“, der Firma Gairing für den Busshuttle, Pscheidl Zeltbau für die Zelte und WC-Container, Audio-Express für die technische Betreuung und Veranstaltungstechnik, SHS Security für den Sicherheitsdienst und die nächtliche Bestreifung und den Gartencenter Dehner & Björn Brand Gartengestaltung für die Unterstützung bei unseren beliebten Kräuter-Fässern. Ein dank geht außerdem an die vielen Künstler und Kulturschaffenden, die Studenten der ADK, unsere Gastronomen der vielen Streetfood-Anbieter, sowie den Mitwirkenden hinter den Kulissen aus Kulturabteilung, Sanierungstreuhand sowie dem AKK (Arbeits-Kreis-Kultur der Stadt Ulm). Außerdem möchten wir uns bei unseren Technikern und Auszubildenden sowie unseren eingesetzten Servicekräften bedanken, die die Burgbar No. XII zu diesem außergewöhnlichen Gastronomie-Projekt gemacht haben.


Auf unserem Instagram-Kanal zur Burgbar No. XII findet ihr in einer ganzen Reihe an Storys den Verlauf der Umbaumaßnahmen bis zur Fertigstellung. Hier geht's zum Instagram-Kanal.

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